++***++ Fuchsien-Geschichte - ein kleines Mysterium - vielseitig, bewegend und mitunter auch unterhaltsam! ++***++

Die Geschichte der Fuchsien in Europa

Fuchsien - eine Pflanzengattung mit jahrzehntelanger Tradition 

Glaubt man einer Publikation von Felix M. Porcher aus der Zeit um 1840 - so war der Entdecker der ersten Fuchsie der Paulaner Pater Charles Plumier, der auf seiner dritten von Ludwig dem XIV gesponsorten Reise (Suche nach Chinarinde gegen Malaria) auf der Karibikinsel Santo Domingo (heute besser bekannt unter dem Namen Haiti) eine Fuchsie entdeckt haben will. 

Die Pflanze wurde von ihm in seinem bekannten Werk Nova Plantarum Americanarum Genera (1703), welches einige Monate nach seinem Tod erschien, als 'Fuchsie triphylla, flore coccineo' bezeichnet. 

Plumier selbst starb wie viele seiner Kollegen an den Folgen einer Malaria-Infektion 1704 in Santa Maria bei Cádiz. Er gilt als schillerndste Persönlichkeit unter den damaligen Entdeckern - waren doch in seinem Werk mehr als 100 Pflanzenarten mit an die 700 Spezies beschrieben.


Das Buch enthält neben Widmungen auch Bildbeschreibungen auf 40 Tafeln, die vom bekannten Kupferstecher Pierre Francois Giffart (sc) geschaffen wurden. Diese entstanden während sich Plumier bereits auf eine weitere Reise, die ihn nach Chile und Peru führen sollte, vorbereitete (nach seinen ausführlichen Zeichnungen). Leider dürften Giffart bei der grafischen Umsetzung der Vorlagen einige Fehler unterlaufen sein - auch verzichtete man ganz bewusst auf die Darstellung des Laubes. Deshalb wurde später immer wieder behauptet, dass es sich bei der Abbildung um keine Fuchsie handeln würde. Zudem war zu Lebzeiten des Padres nie pflanzliches Referenzmaterial an einer der damals anerkannten europäischen Pflanzensammlungen gelangt.


Es wird erzählt, dass das Schiff mit dem Referenzmaterial auf der Rückfahrt Schiffbruch erlitten hat und das für damalige Verhältnisse wertvolle Pflanzenmaterial somit verloren ging. Dabei dürfte es sich um ein gezieltes Ablenkungsmanöver handeln - denn wenn es für die Französische Krone von Bedeutung gewesen wäre Referenzmaterial nach Europa zu schaffen, hätte Louis Feuillée, ein Schüler Plumiers, ab 1703 dazu die Möglichkeit gehabt dies nachzuholen. 


Erst die Pfanzensammler Dr. William Houstoun und Thomas Hogg konnten Pflanzenmaterial von Fuchsia triphylla zu einem viel späteren Zeitpunkt am Wildstandort in der Karibik sicherstellen und nach Europa bzw. nach New York zu schicken. Phillip Miller beschreibt in seinem 1739 publizierten Gartenlexikon eine Pflanze unter dem Namen F. triphylla. Er hatte Samen von Houstoun erhalten - doch gab es da einige Ungereimtheiten. Erst der Amerikaner Thomas Hogg sorgte mehr oder weniger zufällig 1873 für Gewissheit, was das Referenzmaterial der Wildart anbelangte. Er hatte auf Santo Domingo eine Pflanze gesammelt, die er unter dem Namen F. racemosa an den Botanischen Garten von New York gesandt hatte. Die Pflanze selbst fand auf einer Ausstellung in den Folgejahren großen Anklang. Ein Gärtner namens Henderson erwarb zu einem späteren Zeitpunkt ein Nachzuchtexemplar und sandte dieses an die Royal Botanical Gardens von Kew bei London. Dort erkannte man den Wert des Fundes und pubizierte später in Curtis's Botanical Magazin eine colorierte Abbildung sowie eine ausführliche Beschreibung.


Die in Plumier's Publikation abgebildete Pflanze hatte Plumier selbst zu Ehren des Arztes und Botanikers Leonhard Fuchs, der Leibarzt eines dt. Adelsgeschlechtes und Rektor an der Universität von Tübingen war, benannt. Den Namen hatte er nach dem Zufallsprinzip einer Liste von namhaften Gelehrten entnommen, die von Adam Melchior - einem Gelehrten seiner Zeit - erstellt worden war.  Eine kurze Hommage an den Geehrten findet sich neben einer kurzen Beschreibung der Pflanze in lateinischer Sprache im Buch.  Carl von Linné (Professor an der Uni von Uppsala), der in der Botanik das binomiale Pflanzennamensystem einführte, übernahm aufgrund der Abbildungen, die Burmanns nach den Orginalaufzeichnungen von Plumier um 1750 erstellt hatte, und aufgrund der Nennung in Millers Gartenlexikon, den entsprechend verkürzten Namen. Der Name Fuchsia triphylla selbst, tauchte erstmals 1753 in seiner Publikation Species Plantarum auf. 

Für alle Zweifler hier ein kleiner Hinweis. Vergleichen Sie die Abbildung von Burmanns, die Plumiers Orginal entspricht, mit einer Aufnahme der Wildart, die vor einigen Jahren auf Santo Domingo entstanden ist. Sie werden erstaunt sein wie sehr die Abbildung dem Orginal ähnlich sieht.

(Die entsprechenden Links finden Sie im Kapitel Fuchsia triphylla).

Erwähnenswert ist hier auch noch eine Pubikation, die vor einigen Jahren in Großbritannien entstanden ist. Demnach könnte die erste Fuchsie bereits um 1689 entdeckt worden und als Herbarie an das Hans Sloane Herbarium gesandt worden sein. Die vermeintliche Entdecker - ist der brit. Schiffsarzt George Handisyd, der sich vor Plumiers dritter Reise in der Magellanstraße aufhielt und dort Erkundungsarbeiten in der Südwest Passage durchführte. Er sammelte unter anderem Moose und Flechten.  Eine Anfrage um Bestätigung an das Britisch Museum, die heute Sloans kostbare Sammlung aufbewahrt, blieb allerdings bis jetzt erfolglos.  Trotzdem lässt sich der Entdeckungszeitraum retrospektiv auf 7 Jahre genau festlegen.

Egal welche der damaligen Kolonnialmächte hier die Nase vorne hatte - der Entdeckungszeitraum der ersten Fuchsien lässt sich damit auf die Zeitspanne zwischen 1688 und 1711 eingrenzen, wenn man Feuilles Aufzeichnungen noch miteinbezieht. Eines ist aber auch sicher - Plumier bleibt durch Linné die Ehre der Namensgebung. 

Die erste kommerziell in Europa verfügbare Fuchsie dürfte F. coccinea (aus Brasilien) gewesen sein - die erste züchterisch intensiver bearbeitete Fuchsie war jedoch F. magellanica - von der es bereits zu Porchers Zeiten aufgrund der günstigen klimatischen Bedingungen in England und Nordfrankreich eine Reihe von Hybriden gab. Dies geht aus seiner Publikation, die unter dem Titel 'Le Fuchsia, son Histoire et sa Culture' 1844 in Frankreich in Buchform erschien, und die erste umfassende Publikation zum Thema Fuchsien war, hervor. In der vier Jahre später erschienen Zweitausgabe waren bereits mehr als 500 Fuchsien beschrieben. Eine mittlerweile im Besitz der Stadt Rouen/Frankreich befindliche private Pflanzensammlung (Jardin des Plantes de Rouen mit ca. 600m Schaufläche) unterlegt dies eindrucksvoll. Ein Name eines Fuchsienfreundes und Züchters ist damit ebenfalls innig verbunden - nämlich jener von Victor Lemoine aus Nancy - dessen Züchtungen heute noch verfügbar sind und bewundert werden können.


Mit den von Öffentlichen Sammlungen und wohlhabenden Privatleuten finanzierten Pflanzenex- peditionen kamen Anfang des 19. Jh zahlreiche andere Wildarten von Fuchsien nach Europa. So  gelangte 1821 die aus Neuseeland stammende Fuchsia excorticata erstmals nach Europa, 1823 folgten Fuchsia arborescens, F. macrostemma sowie F. gracilis, 1827  F. microphylla. Es folgte 1839 die von Robert Cunningham in Neuseeland entdeckte F. procumbens, die durch ihren kriechenden Wuchs, den intensiv gefärbten blauen Pollen und gelben Tubus auffällt. Letztere ist mitunter auch die einzige Wildart, die das Potential für eine gelbe Fuchsie mitbringt. Die von Theodor Hartweg eingeführte F. fulgens war später Basis für viele Züchtungen.

Doch die Entdeckungen auf diesem Gebiet waren zu diesem Zeitpunkt noch lange nicht abgeschlossen. So verdanken wir es heute dem Botaniker Paul E. Berry und einigen seiner Kollegen, dass noch im letzten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts etliche neue Fuchsienwildarten katalogisiert und deren Verwandtschaftsverhältnisse untereinander durch Chromosomenbestimmung und Chloroplasten-DNA-Analyse geklärt werden konnte (Sektionszuordnung).


Doch zurück zur Geschichte - nach der Entdeckung der Fuchsien, waren sie aufgrund des fehlenden Pflanzenreferenzmaterials drauf und dran auch gleich wieder in Vergessenheit zu geraten. Erst die Neuentdeckungen Mitte des 19. Jh führten dazu, dass sich Gärtner wie James Lye für Fuchsien zu interessieren und mit intensiverer Zuchtarbeit begannen.

Die Einführung der Magellanica-Züchtung Venus Victrix (sie dürfte durch Zufall im Garten des Reverends Mariott de Hertmanceau in Kent entstanden sein) in Großbritannien mit ihren weißen Kelchblättern und der lilafarbenen Korolle löste im Viktorianischen England ein wahres Fuchsie-Mania aus. Bis dahin waren nämlich durch Zucht mehr oder weniger nur rot-blaue Hybriden entstanden. In den Jahren unmittelbar danach gelang auch die Züchtung der ersten gefüllt-blühenden Hybriden (Mrs. Storey und Queen Victoria - Storey 1848).

Mit Dominyana entstand 1852 die erste winterblühende, langtubige Hybride. Sie wurde aus einer Kreuzung zwischen F. denticulata und F. macrostigma erhalten - womit wir wieder in der Zeit bei Lemoine angelangt wären.

Das angefachte Fuchsienfieber schwappte alsbald auf ganz Europa über. In Deutschland waren es Gottlob Pfizer und Carl Bonstedt - letzterer war Leiter des Botanischen Gartens in Göttingen - die sich eingehender mit Fuchsia triphylla und anderen langtubigen Fuchsien beschäftigten (einige der Züchtungen von Bonstedt wie Mary oder Gartenmeister Bonstedt sind heute noch verfügbar). Doch auch andere Persönlichkeiten wie Cornellissen, Coene, Friedricht, HartnauerKlein, Koch, Rehnelt, Rozain-Boucharlat, Tvrdý (heute Twrdy), Teupel, Wehrenpfennig und Weinrich, die sich mit der Entwicklung neuer Hybriden beschäftigten, sollen hier nicht unerwähnt bleiben.

Der zur damaligen Zeit in Brünn (Österreich-Ungarische Monarchie) lebende Johann Nepomuk Tvrdý war in diesem Zusammenhang sicherlich in mehrerlei Hinsicht eine interessante Persönlichkeit. So erfreuten sich seine Züchtungen europaweiter Beliebtheit und zu seinem unmittelbaren Freundeskreis zählte ein Mann, der später für seine Thesen zur Vererbung von pflanzlichen Merkmalen bei Erbsen zu großer Bekanntheit gelangen sollte - nämlich der Augustinerpater Johann Gregor Mendel - der ebenfalls ein Fuchsienfreund war.

Sorten wie Schneeball, Schneeflocken, Deutsche Perle und Clara Ziegler gibt's derzeit noch in der Fuchsiensammlung des Schlosses Buchlovice zu sehen.


Der Liebreiz der Fuchsienblüten inspirierte im Fin de Siecle auch so manchen Maler, weshalb sie auch auf so mancher Jugenstilmalerei zu finden sind. Der Erfolg der Fuchsien selbst dauerte dann noch bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges an - in der Zeit danach wurde es verständlicherweise in Europa ein wenig still um die Gattung. 

Erst eine Delegation von Pflanzenfreunden aus Kalifornien, die unter Mithilfe der Royal Horticultural Society (RHS) dafür sorgte, dass ausgewähltes Pflanzenmaterial von den bis dahin entstandenen Hybriden von Großbritannien nach Kalifornien geschafft wurde (1929), bewirkte hier eine Veränderung.

Das Hybridmaterial, welches die Überfahrt überlebte (48 von 52), stellte die Basis für die weiteren amerikanischen Zuchtbemühungen dar. Züchter wie Victor Reiter, Gustave Niederholzer, Horace Tiret, Hugh & Bessie Hazard, Phil Reedstorm, Clement Schnabel oder Walker and Jones, um hier nur einige Namen zu nennen, sollten die Hybridenentwicklung in den Folgejahren vorantreiben.

Die günstigen klimatischen Gegebenheiten entlang der nördlichen Pazifik Nebelwald-Küste von Kalifornien sorgten zudem dafür, dass sich Fuchsien dort rasch auch in Privatgärten verbreiteten. 

1929 wurde in Kalifornien die erste Fuchsiengesellschaft gegründet (American Fuchsia Society auch kurz AFS genannt). Sie ist seit 1948 auch die anerkannte Registrierstelle (ICRA) für Fuchsienneuheiten (auch wenn mittlerweile die Britisch Fuchsia Society ein neues Registrierungsreglement eingeführt hat - Bildregistrierung). Die erste registrierte Fuchsiehybride war die Sorte Mantilla (V. Reiter jun.) - bis jedoch die erste nicht amerikanische Sorte dort auftaucht - da sollte noch einige Zeit dauern.


Die erste Fuchsia-Checklist selbst (man könnte sie retrospektiv auch als Vorläufer der heutigen Registrierliste bezeichnen) wurde 1936 von Dr. E.O. Essig in Großbritannien publiziert. 

1938 folgte auf Initiative von Clara Lady Boothby in Großbritannien die British Fuchsia Society, die im vergangenem Jahr 2008 bereits ihr 70jähriges Bestandsjubiläum feiern konnte. Bis in Deutschen Landen die ersten Fuchsiengesellschaften auftauchen, sollte es noch ein wenig dauern - denn die Österreichischen Fuchsienfreunde feierten im vergangenem Jahr ihr 25 jähriges Bestandsjubiläum und die dt. Fuchsiengesellschaft wurde auch erst 1981 gegründet. Die Europäische Dachorganisation Euro-Fuchsia 3 Jahre später. Sie dient als Plattform für den innereuropäischen Informationsaustausch unter den nationalen Organisationen.


In den 50iger Jahren begann man sich mit dem Wirtschaftsaufschwung nach dem 2. Weltkrieg wieder verstärkt für Fuchsien zu interessieren. Dabei wurden amerikanische Züchtungen nach Europa importiert und diese sorgten hier für ein Revival - so auch die erste großblütige, weiße, gefüllt-blühende Fuchsienhybride Flying Cloud. In den nachfolgenden Jahren konzentrierte man sich darauf weitere gefülltblühende Fuchsiensorten zu züchten und das Farbspektrum zu erweitern. So gelang es durch Einkreuzen der Farbgene von Fuchsia excorticata, die auch in Neuseeland von den Einheimischen als Kutukutuku-Tree bezeichnet wird, den Fuchsien den Farbbereich Aubergine hinzuzufügen.

Fuchsienfreunden und -züchtern rund um den Globus ist es zu verdanken, dass es heute eine Unzahl an registrierten Fuchsiensorten gibt - wovon leider nur mehr ein Bruchteil über den Handel erhältlich ist. Doch das Interesse an den Pflanzenart ist groß und seit einigen Jahren wieder stetig zunehmend - wie die zahlreichen jährlichen Veranstaltungen zeigen. 


Literatur:

  • Carolo P. Plumier, Nova Plantarum Americanarum Genera, J. Boudot Paris, 1703
  • Felix M. Porcher, Le Fuchsia, son Histoire et sa Culture, Paris, 1844
  • Louis Feuillée übersetzt von Dr. Georg Leonhard Huth, Beschreibung zur Arzeney dienlicher Pflanzen, welche in den Reichen des mittägigen Amerika, in Peru und Chile vorzüglich in Gebrauch sind, Seeligmann, Nürnberg, 1756  (Exzerpt der vier Bände von 1714 - 1725)
  • Louis Feuilleé, Journal des Observations Botaniques Vol. II (1725)
  • Curtis's Botanical Magazine


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