Fuchsien - eine Pflanzengattung mit jahrzehntelanger Tradition
Glaubt man einer Publikation von M. Porcher aus der Zeit um 1840 - so war der Entdecker der ersten Fuchsie der Paulaner Pater Charles Plumier, der auf einer von Ludwig dem XIV gesponsorten Reise (Suche nach Chinarinde gegen Malaria) auf der Karibikinsel Santo Domingo (heute besser bekannt unter dem Namen Haiti) eine Fuchsie entdeckt haben will.
Die Pflanze wurde von ihm in seinem bekannten Werk Nova Plantarum Americanum Genera (1703), welches einige Monate nach seinem Tod erschien, als Fuchsie triphylla flore coccinea bezeichnet.
Plumier selbst starb wie viele seiner Kollegen an den Folgen einer Malaria-Infektion 1704 in der Nähe von Cadiz. Er gilt als schillerndste Persönlichkeit unter den damaligen Entdeckern. Waren doch in seinem Werk mehr als 100 Pflanzenarten mit an die 700 Spezies beschrieben.
Das Buch enthält neben ausführlichen Beschreibungen des auf der Reise neu entdeckten Pflanzenmaterials auch präzise Kupferstichabbildungen auf 40 Tafeln. Doch leider gibt es einen Haken ander Sache, denn zu Lebzeiten des Padres war nie pflanzliches Referenzmaterial an eine der damals anerkannten europäischen Pflanzensammlungen gelangt und die Pflanze selbst - wie es sich später herausstellen sollte - nur als fehlerhafte Abbildung darin beschrieben.
Es wird erzählt, dass das Schiff mit dem Referenzmaterial auf der Rückfahrt Schiffbruch erlitten hat und das für damalige Verhältnisse wertvolle Pflanzenmaterial somit verloren ging. Schiffbruch hin oder her - erst englischen Pfanzensammlern (u.a. Thomas Hogg), die auf den Spuren Plumiers wandelten, konnten Pflanzenmaterial zu einem viel späteren Zeitpunkt (1873) am Wildstandort in der Karibik sicherstellen und nach Europa schicken (Kew Gardens in London).
Die in Plumier's Publikation abgebildete Pflanze selbst wurde zu Ehren des Arztes und Botanikers Leonhard Fuchs, der Leibarzt eines dt. Adelsgeschlechtes und Rektor an der Universität von Tübingen war, benannt. Der Name später im 19. Jh von Carl von Linne, der in der Botanik das binomiale Pflanzensystem einführte, und damit für einwenig mehr Ordnung im wissenschaftlichen Pflanzenreich sorgte, übernommen.
Doch aus heutiger Sicht der Dinge, darf an der Erstentdeckerversion
berechtigt gezweifelt werden - und das sei einigen sogenannten
Fuchsienfreunden ins Stammbuch geschrieben, die bedenkenlos aus
irgendwelchen diffusen Opensource-Quellen zitieren!
Neuesten Untersuchungen zufolge war bereits früher
nachweislich eine Fuchsie nach Europa gelangt (wenn auch nur als Herbarie) -
nämlich eine ebenfalls aus Südamerika stammende
Fuchsienart - Fuchsia
coccinea (= magellanica,
1689). Die
Pflanze wurde vom brit. Schiffarzt Georg
Handisyd gesammelt. Ein Belegeexemplar findet sich in der
von Hans Sloane, dem Gründer des Londoner Apothekergartens,
angelegten Herbarsammlung, die sich heute in den Archiven des Britisch Museums in London
befindet.
Die Pflanze trägt den Arbeitstitel Thilco,
stammt aus
Chile und wurde in einer bereits in einem 1711
veröffentlichtem Journal Histoire des Plantes Medicinales
von Louis Feuille veröffentlicht. Lebendmaterial der Pflanze
gelangte
später - nämlich 1788 - nach Kew Gardens - man höre und
staune 85 früher als die von Plumier beschriebene und von Hogg
wiederentdeckte F. triphylla. Eine vom John V. Porter (früherer
Präsident der BFS) durchgeführte Recherche und publizierte
Arbeit belegt den Sachverhalt mit Daten.
Egal welche der damaligen Kolonnialmächte hier die Nase vorne hatte, eines ist sicher. Plumier bleibt die Ehre der Namensgebung. Die erste in Europa verfügbare und züchterisch bearbeitete Fuchsie war jedoch F. magellanica von der es bereits zu Porchers Zeiten eine Reihe von Hybriden gab. Dies geht aus seiner Publikation, die unter dem Titel 'Le Fuchsia, son Histoire et sa Culture' hervor, die 1844 in Frankreich in Buchform erschien und die erste umfassende Publikation zum Thema Fuchsien war. Eine mittlerweile im Besitz der Stadt Rouen/Frankreich befindliche private Pflanzensammlung (Jardin des Plantes de Rouen mit ca. 600m Schaufläche) unterlegt dies eindrucksvoll. Ein Name eines Fuchsienfreundes und Züchters ist damit ebenfalls innig verbunden - nämlich jener von Victor Lemoine aus Nancy - dessen Magellanica-Züchtungen heute noch verfügbar sind und bewundert werden können.
Mit den von Öffentlichen Sammlungen und wohlhabenden Privatleuten finanzierten Pflanzenex- peditionen kamen Anfang des 19. Jh zahlreiche andere Wildarten von Fuchsien nach Europa. So gelangte 1821 die aus Neuseeland stammende Fuchsia excorticata erstmals nach Europa, 1823 folgten Fuchsia aborescens, F. macrostemma sowie F. gracilis, 1827 F. microphylla. Es folgte 1839 die von Robert Cunningham in Neuseeland entdeckte F. procumbens, die durch ihren kriechenden Wuchs, den intensiv gefärbten blauen Pollen und gelben Tubus auffällt. Letztere ist mitunter auch die einzige Wildart, die Potential für eine gelbe Fuchsie mitbringt.
Doch die Entdeckungen auf diesem Gebiet waren zu diesem Zeitpunkt noch lange nicht abgeschlossen. So verdanken wir es heute dem Botaniker Paul E. Berry, dass noch im letzten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts etliche neue Fuchsienwildarten katalogisiert und deren Verwandtschafts- verhältnisse untereinander durch Chromosomenbestimmung und Chloroplasten-DNA-Analyse geklärt werden konnte (Sektionszuordnung).
Doch zurück zur Geschichte - nach der Entdeckung der Fuchsien, waren sie aufgrund des fehlenden Pflanzenreferenzmaterials drauf und dran auch gleich wieder in Vergessenheit zu geraten. Erst die Einführung der Magellanica-Züchtung Venus Victrix in Großbritannien mit ihren weißen Kelchblättern und der lilafarbenen Korolle löste im Viktorianischen England ein wahres Fuchsie-Mania aus. Das Fuchsienfieber schwappte alsbald auf ganz Europa über. In Deutschland waren es Gottlob Pfizer und Carl Bonstedt - letzterer war Leiter des Botanischen Gartens in Göttingen - die sich eingehender mit Fuchsia serratifolia und Fuchsia macrantha beschäftigten (langtubige Triphylla-Typen).
Nach dem ersten Weltkrieg und in der Zeit danach wurde es verständlicherweise in Europa ein wenig still um die Gattung. Erst eine Delegation der Universität von Kalifornien, die dafür sorgte, dass genügend Pflanzenmaterial von den bis dahin bekannten Wildarten von Großbritannien nach Kalifornien geschafft wurde (1928), bewirkte hier für eine Veränderung. Die günstigen klimatischen Gegebenheiten entlang der nördlichen Pazifik Nebelwald-Küste von Kalifornien und einigen beherzten Pflanzenfreunden ist es zu verdanken, dass sich Fuchsien dort rasch verbreiteten. So wurde 1929 in Kalifornien die erste Fuchsiengesellschaft gegründet (American Fuchsia Society auch kurz AFS genannt). Sie ist seit Ende des 2. Weltkrieges auch die anerkannte Registrierstelle (ICRA) für Fuchsienneuheiten (auch wenn mittlerweile die Britisch Fuchsia Society ein neues Registrierungsreglement eingeführt hat - Bildregistrierung).
1938 folgte auf Initiative von Clara Lady Boothby in Großbritannien die British Fuchsia Society, die im vergangenem Jahr 2008 bereits ihr 70jähriges Bestandsjubiläum feiern konnte. Bis in Deutschen Landen die ersten Fuchsiengesellschaften auftauchen, sollte es noch ein wenig dauern - denn die Österreichischen Fuchsienfreunde feierten im vergangenem Jahr ihr 25 jähriges Bestandsjubiläum und die dt. Fuchsiengesellschaft wurde auch erst 1981 gegründet. Die Europäische Dachorganisation Euro-Fuchsia 3 Jahre später und sie dient als Plattform für den innereuropäischen Informationsaus- tausch unter den nationalen Organisationen.
Fuchsienfreunden rund um den Globus ist es zu verdanken, dass es heute mehr als 16.000 registrierte Fuchsiensorten gibt - wovon leider nur mehr ein Bruchteil über den Handel erhältlich ist. Doch das Interesse an den Pflanzenart ist groß und seit einigen Jahren wieder stetig zunehmend wie die zahlreichen jährlichen Veranstaltungen zeigen.
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